Persönliche Erinnerungen

Persönliche Rückblende zur Wohnsiedlung Williamsville

von Toni Rathgeb (Veröffentlicht mit seiner Genehmigung)

Die amerikanische Wohnsiedlung Williamsville schloß sich direkt an den Fliegerhorst Erding an. Die Zufahrt war direkt von der Rotkreuzstraße kommend. Eine Schranke mit amerikanischer Militärpolizei sicherte die Einfahrt zur Wohnsiedlung. Ohne Ausweis kein Zutritt.

Vor der Einfahrt befand sich rechts eine Baracke mit Verkauf von Kolonialwaren. Der Besitzer Toni Pouzza hatte auch einen kleinen Gastraum, wo man Flaschengetränke einnehmen konnte. In späteren Jahren wurde die Baracke abgebrochen und ein Laden mit Gastwirtschaft gebaut.

Von Williamsville gab es noch eine direkte Zufahrt zum Fliegerhorst, der abgesichert war von der Air Police. Die Familien konnten hier zu den Betreuungseinrichtungen fahren. Bowling Center, Kino, NCO- Club, PX, Kirche usw.

Im Jahr 1958 wurde der Wohnblock 820 A-D von den amerikanischen Familien freigemacht und deutsche Familien zogen hier ein, u.a. auch meine Eltern mit mir und 2 Brüder. Es war ein gemeinsames schönes Wohnen. Die Betreuung von techn. Hausangelegenheiten wurde durch die Standortverwaltung erledigt.

Die gemeinsamen Gottesdienste in der Kirche, amerikanisch/deutsch brachte viele Gemeinsamkeiten mit sich.

Im Jahr 1964 wurden die Blocks von deutschen Dienststellen übernommen, da die amerikanischen Familien ausgezogen waren. Der erste Block (früher Schule blieb in amerikanischen Händen als Hotel für Amerikaner, die aus den Staaten hier Urlaub machten (sehr begehrt zum Oktoberfest München). In dem Block oberhalb 820 zog die LwInstStaffel im Herbst 1964 als Unterkunft ein. Ich war mittlerweile Soldat und bin dort mit eingezogen. In 820 wohnten noch deutsche Familie u.a. meine Eltern.

In den benachbarten Blöcken wurden weitere Unterkünfte von Einheiten bezogen und neue Dienststellen aufgestellt. (MKZ, Nachshubschule der Lw, Verlegestab Portugal usw.) In der Kaserne wurde im weiteren Verlauf Unterkunftsgebäude gebaut. Nach deren Fertigstellung ( ich denke 1967) wurden dann die Wohnungen über die Wohnungsfürsorge der Standortverwaltung an Familien vermietet. Die Siedlung wurde nun auch postalisch an Erding angeschlossen, in dem die Häuser Nummern der Rotkreuzstraße erhielten.

Als ich im Dezember 1967 heiratete, zog ich aus der Kaserne aus und bekam 1968 eine Wohnung in der Goethestr. 2 in Erding. In diesem Haus wohnte die Fam. Uhlig. Da wir dem gleichen Jahrgang entstammten hatten wir uns familiär gut verstanden. Wir zogen zwar in unterschiedliche Häuser aber in Williamsville. Wir beide Familien hatten den Wunsch für unsere Kinder in Williamsville ein Fest zu organisieren. So entstand das Siedlungsfest. Wir hatten dieses Fest im Gelände des amerikanischen Hotels durchgeführt, da die Genehmigung bei der inzwischen zuständigen Wehrbereichsverwaltung in München lag und die Genehmigung bei den Amerikanern problemlos war.

Unsere beiden Frauen waren den ganzen Nachmittag beschäftigt in ihren Fritteusen Pommes herzustellen. Musik wurde mittels Tonbandgerät abgespielt. Für die Kinder konnte ich Ponys aus einer Ponyzucht bekommen. Der Besitzer hatte nur eine Bedingung, dass seine Kinder mitmachen dürfen. So konnten diese Kinder die Kutsche fahren und die Ponys zum Reiten begleiten. Getränke konnte ich in Langengeisling auf Kommision bekommen, ebenso die Biertischgarnituren. Es war für alle ein gelungenes Fest. Der Wunsch auf Fortsetzung im nächsten Jahr war sehr groß. Unser Angebot der Belustigung/ Beschäftigung der Kinder ist gewachsen. Herr Zeitler war zu dieser Zeit Leiter der Fahrschule im Fliegerhorst und hatte gute Verbindungen zum ADAC. So wurden Teststrecken für Geschicklichkeitsfahren der Kinder mit Fahrrad und Kinderroller aufgebaut. Der ADAC hatte das Material zur Verfügung gestellt.

Im weiteren Verlauf des Wohnens wurde es immer schwieriger mit der Verwaltung im München. Die Leiterin hatte einen sogenannten Schaukelerlass uns mitgeteilt. Hier wurde angeordnet dass alle beweglichen Spielgeräte zu entfernen sind.

Diese ganzen kleinlichen Regelungen haben einige Mieter veranlasst einen Verein zu gründen, um eine bessere Durchsetzung von Anträgen zu erhalten. Mit 7 Personen wie es das Gesetz vorgibt, haben wir, Bernd Uhlig, Jochen Bretsch, Anton Rathgeb , Hans Venske (die anderen sind mir entfallen) in der Wohnung von Hans Venske getroffen und den Verein gegründet. Unterstützung bekamen wir aus dem Notariat.

Bei der ersten Veranstaltung mit Wahl, die in der UHG im Fliegerhorst stattfand, stellten sich Bernd Uhlig zum Vorsitzenden, Anton Rathgeb (genannt Toni) zum Kassier und Jochen Bretsch zum Schriftfüher zur Verfügung. Wer 2. Vorsitzender wurde ist mir entfallen.

Nach dem der Verein ins Vereinsregister eingetragen war, konnten wir eine Haftpflichtversicherung abschliessen. In Eigenleistung wurde nach und nach der Spielplatz wieder mit Schaukel usw. versehen. Es wurden Holzmasten aufgebaut und die Sitzflächen aus Segeltuch gefertigt, die Stricke waren aus Fallschirmseilen hergestellt. Wir haben dadurch das Gefahrenrisiko eines Unfalles mit dem Spielgerät sehr gesenkt.

Wir stellten fest, dass unsere größeren Kinder Bedarf am Fußball spielen hatten und keine geeignete Möglichkeit da war. In Verhandlungen mit den Verwaltungen und dem militärischen Leiter im Fliegerhorst konnte ein Areal für einen Bolzplatz geschaffen werden. Der Verein organisierte die Tore und schon konnte es los gehen.

Eine weitere Verbesserung kam, als die Stadt pflichtgemäß wegen der Entfernung, einen Schulbus von Williamsville zur Schule einsetzte. Nach dieser gelungenen Verbesserung für die Bewohner der Siedlung, nicht mehr Fahrgemeinschaften zum Transport der Kinder durchzuführen sind wir weiter einen Schritt zur Annäherung mit der Stadt Erding gekommen. Die Bushaltestelle war am hintersten Wohnblock eingerichtet. Die Bewohner dieses Blockes haben im Laufe der Zeit festgestellt, dass die Kinder an der Haltestelle sehr laut sind und aus diesem Block keine Kinder zusteigen. Sie baten die Haltestelle nach weiter vorne zu verlegen. Die Stadt kam der Bitte nach und die Haltestelle wurde verlegt. Die Stadt führte später eine Kontrolle der Entfernung von der Stadt zur Haltestelle durch und stellte fest, dass die Entfernung unter der vorgeschriebenen km Reichweite war, wo die Stadt eine Verpflichtung hat. Die Buslinie wurde eingestellt. Wir haben versucht, dass der Busunternehmer Niedermayer aus Langengeisling eine Linie anbietet. Er teilte uns mit, dass dies rechtlich nicht möglich sei. Er zeigte uns aber eine Möglichkeit auf um unsere Kinder weiterhin zur Schule mit dem Bus zu fahren. Der Verein beauftragt das Busunternehmen mit der Fahrt und organisiert alles selber, wie Fahrkartenverkauf etc. Wir haben uns darauf eingelassen und den Bus beauftragt. Bei Familie Rathgeb wurden die Fahrkarten gedruckt und verkauft. Es war ein sehr schwieriges Unterfangen, da Einzelne versucht haben Geld zu sparen und Abzüge wegen Nichtbenutzung bei Krankheit des Kindes geltend zu machen. Die Abrechnung mit dem Busunternehmer war monatlich. Durch den Wegzug der Familie nach Landsberg kann ich über den weiteren Verlauf nichts sagen.

Ich habe jedesmal bei einem Aufenthalt in Erding die Wohnsiedlung besucht und die großen Veränderungen festgestellt. Die Siedlung war ja früher isoliert von der Stadt und ist mittlerweile rundherum bebaut und quasi ein Stadtteil.

Ich habe mich für die Siedlungsgemeinschaft und deren Entstehen viel Energie aufgebracht und freue mich, dass die Gemeinschaft immer noch hält und wünsche weiterhin alles Gute und noch viele Jahre der Gemeinschaft.

Toni Rathgeb, Landsberg, 11.7.24

Toni Hans Göllert (Vorstand Siedlungsgemeinschaft), Toni Rathgeb, Michael Stannek (Schriftführer Siedlungsgemeinschaft)